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„Arisierung“

Die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz von Juden und Jüd*innen

Bildunterschrift: Boykott jüdischer Geschäfte; hier SA- und SS-Männer sowie ein Kameramann vor dem Kaufhaus Wertheim in Berlin, 1933

„Arisierung“ ist ein rassenideologischer, im Nationalsozialismus geprägter Begriff, der dem völkischen Antisemitismus entstammt. Ab 1933 bezeichnet er die sys­te­ma­ti­sche Verdrängung von Juden und Jüd*innen aus Handel und Gewerbe, Wissen­schaft, Kunst und Kultur sowie die Überführung ihres Eigentums in nichtjüdischen Besitz. Dieser Prozess der umfassenden wirtschaftlichen Existenzvernichtung gilt als integraler Bestandteil der nationalsozialistischen Verfolgung von Menschen, die vom NS-Staat als „jüdisch“ klassifiziert werden.

Kurz nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten wird die deutsche Bevölkerung jüdischen Glaubens mit Boykotten, antisemitischer Hetze und gewalttätigen Über­grif­fen terrorisiert und durch zahlreiche Gesetze und Verordnungen aus dem wirt­schaftlichen und gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Im April 1933 erfolgt die Entlassung jüdischer Beamt*innen; Ärzt*innen und Rechtsanwält*innen wird die Zu­las­sung entzogen. Ab 1935 erhalten Firmen mit jüdischen Inhaber*innen keine öf­fent­li­chen Aufträge mehr. Ab 1936 können den Finanzämtern unterstellte „De­vi­sen­stellen“ auf alle Vermögen von Juden und Jüd*innen zugreifen.

Unter diesem Druck sind viele Menschen gezwungen, ihr Geschäft, ihre Firma oder ihre persönlichen Vermögenswerte weit unter Wert zu verkaufen, damit sie vom Er­lös leben oder ihre Auswanderung finanzieren können. Ob Großunternehmen oder Handwerksbetrieb, Grundstück oder Wohnhaus, Schmuck oder Büchersammlung: Nutznießer*innen sind das NS-Regime und dessen Institutionen, Banken, Auk­tions­häu­ser, Museen, Unternehmer*innen und zahllose Einzelpersonen, die sich an der oft verzweifelten Notlage der Verfolgten direkt oder indirekt bereichern.

Nach den reichsweiten Pogromen am 9. November 1938 werden die verbliebenen Betriebe jüdischer Inhaber*innen zwangs“arisiert“. 1939 weisen die NS-Behörden in Deutschland lebende Juden und Jüd*innen in Ghettohäuser ein. Mit den Ver­ord­nun­gen des Reichsbürgergesetzes von November 1941 und Juli 1943 fällt schließ­lich das gesamte Vermögen deportierter und ermordeter Personen dem Deutschen Reich zu.

Viele Großprofiteure der „Arisierung“ können nach 1945 in der Bundesrepublik wei­ter­hin von ihrem Erfolg zehren, unter ihnen so bekannte Unternehmen wie Necker­mann, Hertie, der Flick-Konzern und diverse Großbanken. Nur selten werden eins­tige jüdische Eigentümer*innen angemessen entschädigt. Langwierige Ge­richts­ver­fahren können sich nur die Wenigsten leisten. Außerdem bemisst sich der Wert eines Vermögens nicht allein in Zahlen. Oft verbinden sich mit geraubten Ge­gen­stän­den auch Familiengeschichten und Erinnerungen, die unwiederbringlich sind.

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