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Glossar

Diaspora

altgriechisch διασπορά: Verstreutheit
Unter Diaspora versteht man Gruppierungen gesellschaftlicher Minderheiten mit gemeinsamen räumlichen, kulturellen und/oder religiösen Herkunftsbezügen, die meist über Generationen aufrechterhalten werden und oft von einer traumatischen Wanderungsgeschichte geprägt sind.

Charakteristisch für diasporische Gruppen sind ihre grenzüberschreitenden Loyalitäten, Beziehungen und Orientierungen. Der Begriff Diaspora verwies lange Zeit in erster Linie auf die Vertreibung und Versklavung jüdischer Menschen nach der Zerstörung des Tempels in Jerusalem im 6. Jahrhundert v. Chr., welcher für die Identität jüdischer Bevölkerungsgruppen einen zentralen Bezugspunkt darstellte.

Der derzeitige Diaspora-Begriff erfuhr eine Öffnung, indem er Elemente der jüdischen Diasporaerzählung in Beziehung zu den historischen Erfahrungen anderer Gruppen setzt.

In den 1960er und 1970er Jahren stand dabei vor allem das Motiv der traumatischen Flucht- und Vertreibungsgeschichte im Vordergrund. Der Aufstieg des derzeitigen Diasporabegriffs hängt mit der, auch in weiß-dominierten Kontexten zunehmend sicht- und wahrnehmbar werdenden Kritik an weißer Vorherrschaft zusammen. Die gewaltvollen Assimilations-, Kolonialisierungs- und Verfolgungserfahrungen rassifizierter/ethnisierter Minderheiten sowie deren Widerstand gegen Assimilation und Unterdrückung wurden seit den 1960er und 1970er Jahren immer stärker thematisiert. Jüngere Generationen von Diasporaforscher*innen griffen dies auf und betonten vor allem das aktive ‚In-Erscheinung-Treten‘ von Diasporagruppen (anstatt ihre Existenz einfach vorauszusetzen). Durch die Verwendung eines weiten Diaspora-Verständnis können Verbindungen unter Menschen gestärkt werden, die nicht zwangsläufig die gleiche Herkunft besitzen müssen (wie imaginär diese auch sein mag), aber eine gemeinsame Erfahrung in der Gegenwart teilen.

Quellen:
https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/kurzdossiers/264009/was-ist-eine-diaspora