Isaak Behar wird am 6. September 1923 als jüngstes von drei Geschwistern in Berlin geboren. Seine Eltern, Nissim und Lea Behar, leben noch nicht lange in der Stadt. Das jüdische Ehepaar mit türkischer Staatsangehörigkeit ist 1915 aus Istanbul eingewandert. Als Sephardim gehören die Behars zu einer Minderheit innerhalb der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland, doch die kleine sephardische Gemeinde in Berlin ist gut organisiert. Man kennt und unterstützt sich.
Trotzdem erweist es sich als fast unmöglich, im Ersten Weltkrieg einen ausreichenden Lebensunterhalt zu verdienen. Immerhin hat die Familie aufgrund der Bündnispolitik mit dem Osmanischen Reich kaum Unannehmlichkeiten. Nissim Behar findet eine Anstellung als Teppichstopfer und arbeitet sich langsam nach oben. Als er wirtschaftlich endlich Fuß fassen kann, sind die Nationalsozialisten an der Macht.
Von den ersten antisemitischen Gesetzgebungen 1933/34 ist die Familie noch nicht betroffen und bleibt wegen ihrer türkischen Staatsbürgerschaft von den Behörden vorerst unbehelligt. Doch das ändert wenig an der gesellschaftlichen Stimmung. In der Nacht des 9. November 1938 sehen die Behars von ihrer Wohnung aus, wie die Synagoge in der Fasanenstraße in Brand gesteckt wird.
Im April 1939 zieht das Türkische Konsulat die Pässe der Familie ein, angeblich, um sie zu überprüfen. Die Pässe werden nicht wieder ausgehändigt, was die Behars zu „Staatenlosen“ macht. Nun sind sie dem nationalsozialistischen Regime ausgeliefert. 1941/42 wird die gesamte Familie zur Zwangsarbeit verpflichtet. Isaak Behar und sein Vater schuften in einer Militärfärberei, seine Schwestern Alegrina und Jeanne in einer Spinnstofffabrik.
Im Mai 1942 entgeht die Familie nur knapp der Deportation. Doch die Gestapo schlägt erneut zu. Als Isaak Behar von einer Freundin nach Hause kommt, ist alles anders: „Es ist Sonntag, der 13. Dezember 1942. Heute musste ich ein neues Leben beginnen. […] Ich habe keine Familie mehr. Keine Freunde. Kein Zuhause. Ich muss allein leben. Im Untergrund. Im Versteck. Nur so habe ich eine Chance zu überleben. Ich bin 19 Jahre alt“.
Jedes Jahr am 9. November besucht Isaak Behar das Mahnmal „Gleis 17“ des Bahnhofs Berlin-Grunewald und betet dort das Kaddisch. Dass seine Familie in Auschwitz ermordet wurde, überwindet er nie. Doch er findet einen Weg, damit umzugehen: in seiner Arbeit als Zeitzeuge und in seinem Engagement für die sephardische Gemeinde. 2006 wird in Berlin, auch auf seine Bemühungen hin, die erste sephardische Synagoge nach der Shoah eröffnet. Bis zu seinem Tod im Jahr 2011 arbeitet Behar als Gemeindeältester. In der Kantstraße 154a liegen die Stolpersteine für Nissim, Lea, Alegrina und Jeanne Behar.