Glossar

BIPoC

BIPoC

BIPoC ist eine Abkürzung aus dem Englischen für Black People, Indigenous People and People of Colour. Auf Deutsch bedeutet das Schwarze Menschen, Indigene Menschen und Menschen of Colour. Diese sind politische Selbstbezeichnungen von Menschen, die in weiß dominierten Kontexten rassifiziert werden, also rassistische Diskriminierungen erfahren.

Die Begriffe beziehen sich nicht auf biologische Gegebenheiten, sondern auf soziale Konstruktionen. Das heißt sie stehen für die Herstellung von (Nicht-)Zugehörigkeit und Privilegien und benennen spezifische und komplexe (Ausschluss-)Erfahrungen in der Gesellschaft.

Black/Schwarz: Ist eine politische Selbstbezeichnung, deswegen wird diese immer großgeschrieben. Sie bezieht sich nicht auf ein Aussehen, sondern auf eine gemeinsame Position in der Gesellschaft und damit auch überschneidende bzw. gemeinsame Erfahrungen. Sie ist eine Bezeichnung für Schwarze Menschen, also Menschen mit afrikanischen, afrodiasporalen Bezügen. Afrodiasporal bedeutet, dass Menschen in ihrer Geschichte verwandtschaftliche Herkunftsbezüge zum afrikanischen Kontinent haben. In den USA verwenden Schwarze Menschen noch den Begriff African-American, im Deutschen Kontext existiert bezugnehmend dazu die Bezeichnung Afrodeutsche*r.

Indigenous/ Indigen: Bedeutet so viel wie „in ein Land geboren“. Die Selbstbezeichnung Indigen bezeichnet speziell die Erfahrung, durch einen rassistischen, also kolonialen Raub von Land verdrängt zu werden und deswegen auch Verfolgung, Morde oder Genozid durchleben zu müssen und auf Grund dessen bis heute unterdrückt zu werden.

Person of Colour: Verwenden Menschen, die rassistische Diskriminierungen in weißen Mehrheitsgesellschaften erfahren als gemeinsame politische Selbstbezeichnung. Die positive Verwendung des Begriffs hat ihren Ursprung in der Black-Power-Bewegung in den USA Ende der 1960er Jahre und zielt darauf ab, die unterschiedlichen Gruppen, welche Rassismus erfahren, zu vereinen, um so Kräfte zu bündeln und gemeinsam gegen Rassismus zu kämpfen. People of Colour wird nicht übersetzt, weil der Begriff sich nicht auf „farbig“ bezieht. Im Gegenteil, statt eines rassistischen Bezugs, versucht dieser Begriff Widerstand und Solidarität im Überleben mit Rassismus zu schaffen und bezieht sich deswegen auf die Vielfalt unserer Erfahrungen, Biografien und Herkünfte.


Als selbstermächtigende Bezeichnungen stehen sie im Gegensatz zu der Bezeichnung weiß, welche die zentrale Machtposition innerhalb des rassistischen Systems markiert.

Die aktuelle Bedeutung von People of Colour entwickelte sich in den USA mit der Entstehung der Black-Power-Bewegung in den späten 1960er Jahren. Diese war von einer starken international ausgerichteten Solidarität gegen imperialistische Kämpfe und koloniale Besatzungen geprägt. Als anti-rassistische Selbstbezeichnung entwickelte sich People of Colour zum politischen Bündnis- und Kampfbegriff, der rassistisch marginalisierte Personen und Communities über die Grenzen ihrer ethnischen oder ethnisierten, nationalen, kulturellen oder religiösen Gruppenzugehörigkeiten mobilisierte und miteinander verband. Der Begriff steht somit gleichermaßen für Selbstermächtigung und die Anerkennung von Differenz. Auch in der Gegenwart ist es wichtig, die historische Bedeutung als strategischen Bündnisbegriff zu berücksichtigen, um einer Entpolitisierung entgegenzuwirken.

Die Verwendung der Abkürzung BIPoC etablierte sich ebenfalls zunächst im US-amerikanischen Kontext. Das Ziel bestand darin, das konkrete historische Leid Indigener und Schwarzer Menschen, auf dem die heutige US-amerikanische Gesellschaft basiert, zu kennzeichnen. Der Genozid an der Indigenen Bevölkerung und die Versklavung Schwarzer Menschen waren Gewaltprojekte weißer Kolonialist*innen, die mit einem ungeheuerlichen Maß an Entmenschlichungen einhergingen, welche bis heute nachwirken. Im Kontext der imaginierten Hierarchie/ Hierarchisierung rassifizierter Gruppen durch Kolonialist*innen, weist die Verwendung der Abkürzung BIPoC zudem darauf hin, dass bestimmte Gruppen nicht-Schwarzer und nicht-Indigener Personen of Colour historisch von anti-Schwarzem und anti-Indigenem Rassismus profitiert haben und fortwährend profitieren. Dies ist ein Versuch auch innerhalb der von Rassismus betroffenen Communities einen Diskurs zu Privilegien und Hierarchien „untereinander“ herzustellen. Sowohl der Begriff PoC, als auch die erweiterte Form stellen ein Werkzeug dar, bzw. fungieren als ein Arbeitsbegriff und sind nicht als abgeschlossene Bezeichnung zu verstehen. Beispielsweise wird kritisiert, dass damit bisweilen der spezifische US-amerikanische Kontext unreflektiert auf andere lokale Kontexte, die ihre eigenen Historien von rassistischer Gewalt besitzen, übertragen wird. Und um hier eine relevante Auslassung zu nennen: Im deutschen bzw. europäischen Kontext haben auch Rom*nja und Sinti*zze historisch sehr spezifische Formen der Entmenschlichung erlebt, und erleben sie auch immer noch, was in Gedanken an die Hervorhebung bedeuten würde, dass Rom*nja und Sinti*zze mindestens im deutsch- bzw. europäischen Raum extra genannt werden müssten.

Im Kontext rassifizierter Diskriminierungsdynamiken müssen jedoch selbstverständlich auch Ungleichheiten innerhalb von BIPoC Communities benannt werden.  Die Benennung von Colourism/Shadism ist hierbei von sehr große Bedeutung. Colourism/Shadism basiert auf einer Hierarchie, welche im Sinne von Teile und Herrsche durch weiße Menschen etabliert, aber nun auch von BIPoCs reproduziert wird. Colourism/Shadism meint, wenn Menschen besser behandelt werden, mehr Zugang haben etc., weil sie größere Nähe zum weiß-sein aufweisen. Auch Anti-Schwarzer Rassismus ist eine Form des Colourism/Shadism. Demnach ist es wichtig, die eigenen Abstufungen von Privilegien identifizieren und kritisch reflektieren zu können, bspw. als light-skinned, mixed-race, multi-racial oder auch white-passing Person.   

Auch um die Bezeichnung „Indigene Menschen“ dreht sich ein kritischer Diskurs, da es für viele Gruppen eine Fremdbezeichnung ist. Die Bezeichnung bezieht sich auf ethnische Gruppen, welche die ersten bekannten Bewohner*innen eines Gebietes waren, das später von Kolonialist*innen gewaltsam besetzt wurde, womit eine Verdrängung der Indigenen Bevölkerungsgruppen einherging. Deswegen wird dies aber auch als gemeinsamer Begriff verwendet, um hier gezielt diese gewaltvollen, kolonialen Lebensrealitäten, Erfahrungen und gesellschaftliche Positionen zu markieren. Hierfür ist also relevant, dass es sich in dieser Vereinnahmung, um eine Kolonialisierung handelt. Auch, wenn es auf europäischem Grund Menschen gibt, die „schon immer“ da leben, ist dies nicht dasselbe, da den Menschen die Erfahrung kolonialisiert zu werden und die damit einhergehende Erfahrung strukturell und systematisch rassistisch unterdrückt zu werden, fehlt. Sie sind also ausdrücklich nicht mit dem Begriff „Indigene Menschen“ gemeint.
Viele Indigene Menschen benutzten für sich die eher als Selbstbezeichnungen verwendeten Begriffe „First Peoples“, „Aboriginal Peoples“ oder „Native Peoples“.

Quellen:
https://heimatkunde.boell.de/2009/11/01/people-color-als-diversity-ansatz-der-antirassistischen-selbstbenennungs-und