Dekolonial Ansätze dekonstruieren koloniale und eurozentristische, also die Europa besser wertende, in den Mittelpunkt stellende, Denkmuster der Moderne, wobei vermeintlich allgemeingültige Wahrheiten infrage gestellt und alternative Lebens- und Weltbezüge in den Mittelpunkt gerückt werden
Dekolonial wird oft synonym mit dem Begriff „postkolonial“ verwendet. Obwohl sie eng miteinander in Verbindung stehen, weisen die jeweiligen Theorien, Konzepte und Zugänge jedoch Unterschiede auf.
Der peruanische Sozialwissenschaftler Aníbal Quijano entwickelte in den 1990er Jahren das Konzept der „Kolonialität der Macht (colonialidad del poder)“. Der Begriff Kolonialität verweist auf die fortlaufenden Auswirkungen des inter- und intrastaatlichen Kolonialismus, der die Basis für die globale moderne kapitalistische weiße Herrschaftsform bildet. Quijano wies auf die Notwendigkeit hin, dem universellen Allgemeingültigkeitsanspruch eurozentristischer Denk- und Wissenskultur konkrete Lebenserfahrungen entgegenzusetzen, die ein anderes Erleben von Zeit und Raum vermitteln.
Verschiedene lateinamerikanische Denker*innen nahmen Quijanos Beiträge auf und entwickelten das Konzept von (De-)Kolonialität weiter. 2009 starteten der aus Argentinien stammende Literaturwissenschaftler Walter Mignolo und der kolumbianische Kunsttheoretiker Pedro Pablo Gómez das dekoloniale künstlerische Denk- und Aktionsprojekt Decolonial Aesthetics. In einem Prozess des de-linking (Ausklinken) werden koloniale moderne Denkmuster kritisch hinterfragt und demontiert. Dekoloniale Projekte fordern die zentralen Behauptungen der Moderne, welche in Form hierarchisch angeordneter Zweiteilungen funktionieren; wie Vernunft und Gefühl, Mensch und Natur oder Körper und Geist, grundlegend heraus. Als Ausgangspunkt für die Verknüpfung dekolonialen Denkens und Wissens spielt dann das „koloniale Gedächtnis“ nach Mignolo eine zentrale Rolle.
Quellen:
https://heimatkunde.boell.de/de/2012/12/18/kolonialitaet-dekolonialitaet-und-decolonial-aesthetics