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Glossar

Intersektionalität

Intersektionalität (aus dem engl. intersection = Schnittmenge) bezeichnet das Verweben von unterschiedlichen Diskriminierungen. Eine Person kann aus verschiedenen Gründen diskriminiert werden: Geschlechtsidentität, Sexualität, Herkunft, Sprache, Aufenthaltsstatus, Aussehen, Alter, soziale Herkunft und sozialer Status, Körper, Befähigung(en) und Behinderung(en) usw. 

Diskriminierung bedeutet, dass Menschen (strukturell) weniger Möglichkeiten haben: Sie werden beleidigt, finden nicht so schnell eine gute Ausbildung oder Arbeit, werden als weniger gut, oder Nicht-Zugehörung usw. angesehen.

Die Schnittmenge in Intersektionalität benennt das Erfahren von mehreren Diskriminierungsmechanismen gleichzeitig. Häufig wird hier der Begriff „mehrfach-diskriminiert“ verwendet. Die Diskriminierungsmechanismen fügen sich einander jedoch nicht hinzu, sondern sie überschneiden sich. In diesen Überschneidungen und Verbindungen entstehen eigene, sozusagen neue Diskriminierungsmechanismen. Das ist was Intersektion ausdrückt. Ein Begriff für diese unterschiedlichen Ebenen, also Dimensionen und ihre Vermischungen wäre „Mehrdimensionale-Diskriminierungen“. Die Gleichzeitigkeit und Verschränkung der verschiedenen Diskriminierungsmechanismen wurde zuerst in den 1970er Jahren durch das Schwarze Feministische Combahee River Collective  öffentlich genannt. Intersektionalität ist ein offenes Konzept. Bei einer Übertragung ist es jedoch wichtig, die Ursprünge in der Schwarzen feministischen Bewegung zu verorten und die Beiträge von Frauen of Colour zu würdigen. Dementsprechend ist eine Vereinnahmung des Konzepts durch weiße Mittelschichtsakademiker*innen als kritisch zu beurteilen.


1974 formte sich um die Aktivist*in Barbara Smith das Combahee River Collective, ein Schwarzes, sozialistisches, feministisches, lesbisches Kollektiv. Dieses Kollektiv wies kontinuierlich auf die Verschränkungen rassistischer, heterosexistischer, patriarchaler und klassistischer Machtstrukturen als Grundlage westlicher Gesellschaften hin. Ausgangspunkt der Kritik war, dass sich die spezifischen Lebensrealitäten und Widerstandskämpfe lesbischer Schwarzer Frauen, Indigener Frauen, Frauen of Colour weder in den dominanten Forderungen der (weiß-bürgerlichen) feministischen Bewegung, noch in den zentralen Forderungen der antirassistischen Bürgerrechtsbewegung widerspiegelten. Ziel des Kollektivs war ein Schwarzer Feminismus, welcher auf einer umfangreichen und grundlegenden Analyse der gesellschaftlichen Machtverhältnisse basierte. Dies stellte aus Sicht des Kollektivs den Schlüssel für eine wirkungsvolle Benennung der spezifischen Herausforderungen für BIPoC Frauen dar (siehe Combahee River Collective Statement). 

In den 1980er Jahren machte die Schwarze Soziolog*in Patricia Hill Collins mit der Matrix of Domination ebenfalls auf die Verschränkungen verschiedener Machtstrukturen aufmerksam. In ihrem Werk Black Feminist Thought kritisierte sie den Ansatz weißer feministischer Diskurse, weil diese ein Ungleichheitsverhältnis und eine Hierarchie in sich sind, dadurch, dass sie Gender als eine Grundlage ansehen, welcher andere Diskriminierungsmechanismen hinzugefügt (additiv) werden können. Collins geht jedoch von einer Matrix of Domination als grundlegende Struktur aus. Dies bedeutet: Die Mechanismen sind nicht alleinstehend und additiv, sondern müssen in ihren Verzahnungen und Überlappungen und dadurch auch in ihren unterschiedlichen Auswirkungen wahrgenommen werden.
Weitere wichtige Perspektiven in der Thematisierung von Mehrdimensionalen-Diskriminierungen waren z.B. queere Latinx Frauen, wie Gloria Anzaldúa und Cherríe Moraga. 

Als Begriff und akademisches Konzept wurde Intersectionality erstmalig von der Schwarzen US-amerikanischen Juristin Kimberly Crenshaw in den 1980er Jahren verwendet. Crenshaw ging es vor allem um eine rechtliche Persepktive: In mehreren arbeitsrechtlichen Gerichtsprozessen stellte Crenshaw fest, dass US-amerikanische Antidiskriminierungsgesetze für Schwarze Frauen oft ohne Nutzen blieben. Ihre konkreten Lebensrealitäten, das Erfahren mehrdimensionaler Diskriminierungen, wurde – im Gegensatz zu den von Schwarzen Männern oder weißen Frauen – nicht (an)erkannt.