Johann „Rukeli“ Trollmann (1907 – 1944)

„Es braut sich über mir etwas zusammen!“



Johann Trollmann wird am 27. Dezember 1907 in Wilsche geboren und wächst in Han­nover auf. Schon als Achtjähriger entdeckt er das Boxen für sich und trainiert sich nach oben: 1925 wird er Hannoverscher, 1928 Nordwestdeutscher Meister. Für die Olympischen Spiele nominieren ihn die Funktionäre des deutschen Boxsports trotzdem nicht. Trollmann wechselt ins Profilager.

Boxen ist inzwischen ein populärer Sport; Profiboxer sind Stars, die in der Öf­fent­lich­keit stehen. Johann Trollmanns Boxstil gilt als ungewöhnlich schnell und stra­te­gisch. Doch er ist auch ein Sinto, der gegen Spitzengegner antritt und meist ge­winnt. Seine Kämpfe werden von Journalisten schon zu dieser Zeit rassistisch kom­men­tiert.

Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten wird Boxen in „Deutscher Faustkampf“ umbenannt und „rassen“ideologisch aufgewertet: Boxclubs werden „arisiert“, von den Nazis als „nichtarisch“ rassifizierte Boxer bedroht und verfolgt. Im Juni 1933 ge­winnt Trollmann die Deutsche Meisterschaft im Halbschwergewicht. Wenige Tage später wird ihm der Titel wieder aberkannt. Der Boxsportverband droht ihm mit Li­zenz­entzug, sollte er seinen – als „undeutsch“ diffamierten – Kampfstil beibehalten.

Trollmann kann seine Karriere nicht fortsetzen, denn Gewinnen wird immer ge­fähr­li­cher. Zu seinem letzten großen Kampf setzt er ein öffentliches Zeichen: Er steigt mit blond gefärbten Haaren in den Ring, verzichtet auf seine gekonnte Beinarbeit und nutzt die Gelegenheit, um das Bild des „arischen Faustkämpfers“ lächerlich zu machen.

Im Mai 1934 wird Trollmann aus dem Verband Deutscher Faustkämpfer aus­ge­schlos­­sen. Er wird arbeits­ver­pflich­tet, 1939 in die Wehr­macht ein­be­ru­fen und an der Ost­front ver­wun­det. Im Som­mer 1942 de­por­tiert ihn die Gesta­po ins KZ Neuen­­gam­me. Dort wird der Pro­fi­boxer er­kannt und von der SS schwer miss­han­delt. Das Ille­ga­le Häft­lings­komi­tee ver­sucht den pro­mi­nen­ten Ka­me­ra­den zu ret­ten. Es ver­­schafft ihm eine neue Iden­tität und er­wirkt seine Über­stel­lung ins Außen­lager Wit­­ten­­ber­ge. Dort wird Trollmann 1944 er­mor­det.

Wie viele un­er­zähl­te Ge­schich­ten rückt auch die von Johann Trollmann erst durch die Arbeit der Bür­ger­rechts­be­we­gung ins öffent­li­che Ge­dächt­nis. Doch die Wür­­di­­gung sei­ner sport­li­chen Leis­tun­gen er­folgt spät: Erst 2003 nimmt ihn der Bund Deut­scher Be­rufs­boxer in die Rie­ge der Deut­schen Meis­ter auf.

Der 2003 nachträglich verliehene Meisterschaftsgürtel für den Kampf vom 9. Juni 1933

2004 wird in Hannover zu Trollmanns Ehren eine Straße um-/benannt. In Hannover, Hamburg und Berlin erinnern Stolpersteine an ihn und seine Familie. Das „Johann-Trollmann-Boxcamp“, eine Berliner Sporthalle, ist Ausgangspunkt für eine Stadttour, die jugendliche Rom*nja organisieren, um an den Pharrajmos zu erinnern.