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Willy Allen (1909 – 1969)

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Willy Allen (Schlagzeug) mit seiner Formation William's Ragtime; vorn im Bild Coco Schumann (Gitarre); Hannover 1956

Willy Allen wird am 26. März 1909 als Wilhelm Panzer in Berlin geboren. Sein Vater, ein Banjo-Spieler aus dem heutigen Nord­somalia, ist über London nach Berlin ge­kommen. Seine Mutter, die weiße deutsche Musikerin Emmi Panzer, arbeitet als Un­ter­haltungs­künstler­in. Das Paar hat noch zwei weitere Kinder: Josephine „Josi“ Bachert, Allens ältere Schwester, und Jimmi Jimsen (auch: Jimmy Jimson), Allens jüngeren Bruder. Die Eltern fördern das große musikalische Talent ihres Sohnes früh­zeitig. Schon als Vierjähriger erlernt er mehrere Instrumente.

1920 wird Allen von der UFA als Kinderschauspieler verpflichtet. Er tritt mit einem amerikanisch klingenden Künstlernamen in Erscheinung, den er zeitlebens bei­be­hält. In den meisten Produktionen – ob Filmoperette, Abenteuer- oder Märchenfilm – muss er das koloniale Klischee des „niedlichen“, vor allem aber ungefährlichen Schwarzen Kindes verkörpern. Auf das rassistische „Kindchen­schema“ greift man auch außerhalb der Filmbranche gern zurück: 1925 wirbt Allen für eine Kampagne von Sarotti – als lebendes Modell für ein nach wie vor beliebtes Markenzeichen.

Ende der 1920er Jahre beginnt Allen seine eigentliche Karriere. Der Schlag­zeu­ger gründet die Jazzformation The Black Band, zu der zeitweilig auch der berühmte Sidney Bechet gehört. Wie seine Kollegin Hester Harvey spielt er in der Wild­west-Bar im Haus Vaterland.

Programmankündigung des Haus Vaterland, 1931

Nach dem Machtan­tritt der Natio­nal­so­zia­lis­ten 1933 ent­schei­det sich Allen, Deutsch­­land zu ver­las­sen. Anders als seine Schwes­ter Jose­phine, die in der Deut­schen Afrika-Schau auf­tre­ten muss und von den NS-Be­hör­den über­wacht wird, kann er seine Kar­rie­re im Aus­land fort­set­zen. Die Kriegs­jah­re über­lebt er in Istan­bul. Er spielt, nimmt Plat­ten auf und wird unter dem wert­schät­zen­den Bei­namen „Hacı Baba“ be­kannt.  

Plattenpressung von 1939 während des Exils in der Türkei 

Erst Ende der 1940er Jahre kehrt Allen nach Deutsch­land zurück. Hier be­ein­flusst er mit sei­nem Spiel und sei­nem Ge­sang die neu ent­ste­hen­de Jazz­szene in der BRD. In den kom­men­den Jah­ren arbei­tet er mit vie­len be­kann­ten Musi­kern zu­sam­men, da­r­un­­ter Frank Goudie und Coco Schu­mann. Be­zeich­nen­der­weise wird Allen von den deut­schen Me­dien hart­näc­kig als „Aus­­län­­der“ wahr­ge­nom­men. Jour­na­lis­ten wun­dern sich über sein „gutes Deutsch“ und schrei­ben sei­ne Bio­gra­fie nach Gut­dün­ken um. Als Holo­caust-Über­leben­den be­­grei­­fen sie ihn nicht.

Den­noch: Willy Allen ge­hört zu den we­ni­gen Schwar­zen Deut­schen, de­nen es ge­lingt, für die im Natio­nal­so­zia­lis­mus er­lit­te­ne ras­sis­ti­sche Ver­fol­gung eine Ent­schä­di­gung zu er­hal­ten. Er stirbt am 22. De­zem­ber 1969 in Berlin.