„Wichtigstes Aktivum“: Die systematische Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft
Denkmal zur Erinnerung an den Völkermord und den antikolonialen
Widerstand; eingeweiht am 21. März 2014 in Windhoek / Namibia
Damit die Kolonialwirtschaft größtmögliche Gewinne erzielen kann, führt die deutsche Kolonialmacht in den als „deutsche Kolonien“ bezeichneten, besetzten Territorien ein brutales Ausbeutungssystem ein. Die Schaffung von Zwangsarbeitsverhältnissen zielt nicht nur darauf, die menschliche Ressource „Arbeitskraft“ für deutsche Kolonisator*innen verfügbar zu machen. Sie soll auch den Widerstand afrikanischer Bevölkerungen brechen, die sich gegen die Zerstörung ihrer Ökonomien und sozialen Strukturen erbittert zur Wehr setzen.
Mit Erlässen und Verordnungen greift die deutsche Kolonialverwaltung tief in die einheimischen Gesellschaften ein. Große Gebiete werden zu „Kronland“ erklärt und an Kolonialgesellschaften und weiße Farmer verkauft. Besteuerungen dienen vor allem dazu, die Menschen zur Lohnarbeit auf den Plantagen zu nötigen, denn die Abgaben sind in Bargeld zu entrichten, das es nur dort zu verdienen gibt. Wer die Abgaben nicht entrichten kann, wird mit Gewalt zur Arbeit auf Farmen und Plantagen gezwungen. Bei der Durchsetzung der kolonialen Ansprüche kommt der sogenannten „Schutztruppe“ eine Schlüsselrolle zu.
In Kamerun erobert und plündert das deutsche Militär im Winter 1894/95 den Ort Buea. Der Lebensmittelpunkt der Bakweri, die am fruchtbaren Kamerunberg siedeln, soll zum deutschen Gouverneurssitz ausgebaut werden. Auf Grundlage eines erzwungenen Friedensvertrages werden die Bakweri vertrieben, ihre umfangreichen Dorfländereien als „herrenlos“ beschlagnahmt und an einige wenige Pflanzungsgesellschaften verkauft.
Auch in „Deutsch-Ostafrika“ – dem heutigen Tansania, Burundi und Ruanda – wird die ansässige Bevölkerung zur Arbeit gezwungen. Als 1905 eine Vervierfachung der Steuerabgaben in Kraft tritt, erheben sich über zwanzig Gemeinschaften zum „Maji-Maji-Krieg“. Die Antwort des deutschen Militärs ist kaum weniger grausam als auf den Widerstand in der Siedlungskolonie „Deutsch-Südwestafrika“, dem heutigen Namibia. Zwischen 1904 und 1908 werden dort die gegen die deutsche Besatzung kämpfenden OvaHerero und Nama Opfer eines Vernichtungskrieges, der heute als erster Völkermord des 20. Jahrhunderts gilt.
Seit Jahren fordern Opferverbände in Namibia und Aktivist*innen weltweit die politische Anerkennung des Völkermords durch die Bundesregierung. Das geschieht erstmals im Juli 2015. Eine förmliche Entschuldigung für die Kriegsverbrechen ist bislang jedoch ausgeblieben. Vor allem sträubt sich Deutschland gegen die Zahlung von Entschädigungen für die Nachfahren der OvaHerero und Nama, die von ihrem Land vertrieben, ermordet oder zur Zwangsarbeit für weiße deutsche Kolonialist*innen genötigt wurden.