Politische Kämpfe zur Umbenennung

„Für Schwar­ze Men­schen ist es völlig un­ak­zep­ta­bel, dass sich weiße Deut­sche an­maßen, darüber zu ent­schei­den, was eine rassisti­sche Be­lei­di­gung für uns ist und was nicht.“ Offe­ner Brief des Zen­tral­rats der Afri­ka­ni­schen Ge­mein­de, Stel­lung­nah­me zur M***-Straße, 26.01.2015

Die „Ini­tia­ti­ve zur Um­be­nen­nung der M-Straße“ ist ein von der Schwar­zen Commu­nity ini­tiier­tes Bünd­nis, das inzwi­schen aus vielen Grup­pen und Ein­zel­per­so­nen be­steht. Sie be­müht sich um eine kri­ti­sche Auf­arbei­tung der kolo­nia­len Ge­schich­te Berlins und Deutsch­lands. Ein zen­tra­les Augen­merk in den Aus­ein­ander­setzun­gen um die M***-Straße liegt auf dem be­wuss­ten Um­gang mit der deut­schen Sprache und der deut­schen Ge­schich­te. Ob Worte ver­letzend oder ge­walt­voll sind, ist des­halb keine „per­sön­li­che An­sichts­sache“ oder eine Frage der Meinungs­freiheit. Viel­mehr trans­por­tie­ren Be­grif­fe Be­deu­tun­gen, die über neu­tra­le Be­zeich­nun­gen weit hin­aus­rei­chen. Das gilt auch für das M-Wort.

"Draufsicht – Auf den Spuren des postkolonialen Berlins"; Ausschnitt aus Staffel 4, Sendung 8, 2014

Auf einem jähr­lich statt­fin­den­den Fest schlägt die Ini­tia­ti­ve alter­na­ti­ve Namen für die Um­be­nen­nung der M***-Straße vor. Zur Dis­kus­sion steht Anton Wilhelm Amo (um 1703 – um 1753), der erste Philo­soph und Rechts­wis­sen­schaft­ler afri­ka­ni­scher Her­kunft, der an einer deut­schen Uni­ver­si­tät einen Dok­tor­titel er­hält und eine Lehr­tätig­keit aus­übt. Eben­falls vor­ge­schla­gen ist Nelson Man­dela (1918 – 2013), Akti­vist des African Natio­nal Congress (ANC), Wider­stands­kämpfer gegen das Apart­heid-Re­gime und erster Schwar­zer Prä­si­dent von Süd­afri­ka.

Mit den Vor­schlä­gen wäre es mög­lich, be­deu­ten­de histo­ri­sche Per­sön­lich­kei­ten zu ehren. Trotz­dem wer­den von ver­schie­de­nen Seiten im­mer wie­der Gegen­ar­gu­men­te be­müht: Die Straße hätte ihren Na­men nicht in einem kolo­nial­rassisti­schen Zu­sam­men­hang er­hal­ten; ver­sklav­te Men­schen seien frei­ge­kauft wor­den und hät­ten am Hof ein gu­tes Leben ge­führt; das M-Wort sei kein rassisti­scher, son­dern ein „klassi­scher“ Be­griff, ihn zu strei­chen be­deu­te eine Zen­sur der „deut­schen“ Spra­che und Kul­tur; und über­haupt seien Um/-Be­nen­nun­gen von Straßen und Plätzen viel zu teuer. Tat­säch­lich sind erst weni­ge Berli­ner Straßen wegen ihres un­kriti­schen Be­zu­ges zum Kolo­nia­lis­mus um­be­nannt wor­den.