Die Geschichte der M***-Straße
Die M***-Straße wird um 1700 im Zuge der Errichtung der Friedrichstadt angelegt. Wann sie ihren Namen erhält, ist nicht genau belegt. Eine historische Version datiert ihre Benennung auf das Jahr 1706. Zu diesem Zeitpunkt unterhält Brandenburg-Preußen bereits seit zwei Jahrzehnten die Kolonialfestung Groß-Friedrichsburg und ist mit einer Hochseeflotte aktiv am Transatlantischen Versklavungshandel beteiligt. Nachgewiesen ist auch, dass versklavte Afrikaner*innen nach Berlin verschleppt worden sind und am Hof Dienst leisten müssen.
Eine andere Version beruft sich auf Friedrich Wilhelm I. (reg. 1713 - 1740). Der „Soldatenkönig“ baut das preußische Militär aus und plant dafür unter anderem die „Anschaffung“ von jungen afrikanischen Männern, um sie als Militärmusiker einzusetzen. Demnach sei die Straße nach ihnen benannt und hätte ihren Namen um 1715 erhalten.
Auch wenn sich beide Versionen zeitlich um einige Jahre unterscheiden, machen sie doch eines deutlich: Straßenname, brandenburgisch-preußischer Kolonialismus und europäisches Kolonialprojekt gehören zusammen, informieren und verstärken einander. Der verwendete Begriff des „M.“ ist vor dem Hintergrund dieser Geschichte auf mehrfache Weise eingebunden und deshalb keineswegs wertfrei oder gar neutral.
Tatsächlich verknüpft er im Zeitalter des Kolonialismus verschiedene historische Ereignisse und darüber markierte Menschen: die Deportation zwangschristianisierter muslimisch-arabischer Andalusier*innen nach Nordafrika, die sich unmittelbar an die Vertreibung der Sephardim von der Iberischen Halbinsel anschließt und die zeitgleiche Verschleppung, Versklavung und Indienstnahme afrikanischer Menschen. Das Klischee des M. zeigt damit mehrerlei und doch immer dasselbe an: ein konstruiertes „Anderssein“, das "dem Eigenen" dient.